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Was ist zu tun?

Weshalb die Ausstellung keine Handlungsanweisungen gab

Hitzewellen und Trockenheit, schmelzende Gletscher und aussterbende Arten: Wir stehen vor riesigen Herausforderungen und müssen dringend handeln. Sollte eine Ausstellung zum Thema NATUR nicht genau hier ansetzen und den Besucher:innen erklären, wie wir den Klimawandel Schritt für Schritt bremsen können? Wir haben uns für einen anderen Weg entschieden – und wurden ab und an von Besucher:innen gefragt, weshalb. Dieser Text entstand während der Ausstellung:


Schwierige Fragen und vielschichtige Antworten

Der offensichtliche Grund: Es gibt leider keine einfachen Antworten auf die schwierige Frage danach, wie wir dem Klimawandel begegnen sollten. Das Feld ist komplex, umstritten und politisch aufgeladen. Die einen sind überzeugt, dass uns neue technologische Lösungen in die Zukunft führen, andere plädieren für Verzicht. Brauchen wir Gesetze und Verbote? Müssen wir unsere Eigenverantwortung ernster nehmen? Oder sollten Politik und Wirtschaft den Wandel vorantreiben? Die Frage «Was ist zu tun?» steckt voller weiterer Fragen. In der Ausstellung NATUR versuchen wir deshalb nicht, die eine Antwort darauf zu geben – sondern die Frage selbst ernst zu nehmen, aufzufächern und verschiedene Antwortoptionen anzubieten: Zum Beispiel in der grossen Videoinstallation in der Ausstellung.

Vier verschiedene Figuren treten darin mit ihren Argumenten gegeneinander an: «Der Technikfreudige» hat für jedes Problem eine technologische Innovation im Köcher. «Die Informierte» plädiert für politische Massnahmen und einen Systemwandel. «Der Ganzheitliche» findet, wir müssen zuallererst unsere Beziehung zur Natur neugestalten. Und «die Unbekümmerte» hält die ganze Diskussion für übertrieben. Diese vier «Typen» verkörpern je einen zugespitzten und abstrahierten Standpunkt im aktuellen Diskurs über den Umgang mit dem Klimawandel. So erhalten die Besucher:innen einen Überblick über die verschiedenen Argumentationsmuster, die die Debatte derzeit prägen.



Die Werthaltung hinter den Lösungsvorschlägen

Von in-vitro-Fleisch über CO2-Steuern bis zum Naturschutz: Das Publikum ist aufgefordert, zu den konkreten Lösungsvorschlägen Stellung zu nehmen. Damit nehmen wir die Standpunkte der Besucher:innen ernst und ermutigen sie dazu, ihre Entscheidungsmöglichkeiten und ihre Verantwortung wahrzunehmen: Sie gestalten die Welt ausserhalb des Stapferhauses mit.

In der Videodebatte geht es aber um mehr als die verschiedenen Ideen im Detail: Es geht um den Zusammenhang zwischen Lösungsstrategien und Wertehaltung. So unterscheidet sich nicht nur die Vision der Zukunft, sondern auch die Weltsicht der vier «Typen» ganz grundsätzlich. Welchen Platz und welchen Handlungsspielraum schreiben sie dem Menschen auf dem Planeten zu? Nehmen sie die Natur als passive und gestaltbare Kulisse oder als aktiven Organismus war? Das alles prägt die Lösungen, die sie für die richtigen halten.

Indem die Besucher:innen zu den Aussagen Stellung nehmen, verraten sie folglich auch etwas über ihre eigene Werthaltung. Am Schluss des Ausstellungsrundgangs erfahren sie in einer persönlichen Auswertung, wo sie aufgrund ihrer Antworten in der Debatte um die Zukunft der Natur stehen. Dabei wird klar, dass alle verschiedene Argumente verinnerlicht und damit Anteile von unterschiedlichen Typen in sich haben: Unsere Haltung zum Umgang mit der Natur ist oft ambivalent. Wenn sich dann bei der Auseinandersetzung mit der persönlichen Auswertung Fragen stellen wie «Stimmt das? Denke ich wirklich so? Will ich auch so sein?» kann dies Anstoss geben für eine Veränderung des eigenen Denkens und Handelns.



Denkräume für ein neues Selbstverständnis

Wir stellen also die entscheidenden Fragen unserer Zeit zur Diskussion, ohne einfache Antworten zu geben. Damit steht die Ausstellung NATUR in der Tradition des Stapferhauses. Wir verstehen unsere Besucher:innen als Expert:innen für unsere Gegenwart und nehmen sie ernst. Und wir schaffen (Denk-)Räume für die Auseinandersetzung mit sich selbst und für die Begegnung mit anderen Meinungen und Perspektiven. Wir sind überzeugt, dass das gemeinsame Nachdenken über unsere Rolle, über unsere Abhängigkeit vom Leben um uns herum und über unsere Verantwortung auch die Bereitschaft zum entschlossenen Handeln stärkt.

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Während die Ausstellung NATUR zur Auseinandersetzung mit den grundlegenden Fragen rund um unser Verhältnis zur Natur anregte, beleuchteten wir in unseren Veranstaltungsreihen «Natur. Und jetzt?» und «Natur. Immer anders» spezifischere Aspekte des Themas. So auch die Frage, wo wir denn ansetzen können, wenn wir klimafreundlicher Leben wollen. Empfehlenswert ist auch das Buch «Weniger ist weniger. Klimafreundlich leben von A-Z» von Mathias Plüss – oder das Gespräch mit ihm in unserer Veranstaltungsreihe «Natur. Und jetzt?» als Podcast.

Sonja Enz